Das Seetzen Haus

Das Oberstufengebäude des Mariengymnasiums im Wandel 
[verfasst am
22. April 2012]

Mehr als 30 Jahrgänge von Schülerinnen und Schülern haben ihre Schuljahre vor dem Abitur am Mariengymnasium im Oberstufengebäude zugebracht. Nachdem das Gebäude als Betriebsstätte der Olympia AG Wilhelmshaven nicht mehr gebraucht wurde, erwarb der Landkreis Friesland die ehemaligen Zerbster Kasernengebäude und baute es zum Oberstufengebäude für das MG um. Von 1979 bis 2011 war es dann für das Mariengymnasium in Betrieb, bevor es nun umfassend renoviert wird.

In den Jahren bis 1987 hatte das MG eine sehr große Schülerzahl. Zeitweise gab es mehr als 1500 Schülerinnen und Schüler, ähnlich wie kürzlich in den Jahren 2010 und 2011. Es gab damals aber nur den Standort Terrasse, und nicht wie derzeit noch den Standort Schortens.

Entsprechend groß war die Raumnot in der gesamten Schule. Die großen Unterrichtsräume im neu dazu gewonnenen Oberstufengebäude waren ein Segen! Unterricht fand in den letzten Winkeln statt, u.a. in einem Kellerraum im Hauptgebäude und im Oberstufengebäude in den „Kaninchenställen“. Das Tageslicht drang dort spärlich von oben durch Lichtkuppeln im Flachdach und die einzige Lüftungsmöglichkeit bestand im Öffnen der Zimmertür. Die außerdem zu kleinen Räume waren eigentlich nicht für Unterricht vorgesehen. Die Betroffenen standen schlicht vor der Wahl, mit diesen Räumen vorlieb zu nehmen oder aber den Unterricht Freitag, in der 10. und 11. Stunde bis 17:15 Uhr zu haben. Die Entscheidung war damit klar und die „Kaninchenställe“ erfreuten sich sogar gewisser Beliebtheit.

In den diesen Zeiten großen Raummangels gab es für die Oberstufenschüler zwei Aufenthaltsräume, den „Raucher“ und den „Nichtsraucher“ – mit einer immer abgeschlossenen Tür dazwischen. Es waren nicht nur die 5 Zentimeter Türblatt zwischen den beiden Räumen, sondern eine ganze Welt - aber das ist eine andere Geschichte!

Diese Aufenthaltsräume verschärften den Raummangel ebenso wie der Mensaraum im Oberstufengebäude, den es einige Zeit lang gab. Da der Raummangel so groß war, mussten immer etwa 25 Lehrer zuhause bleiben, da es für sie gar keinen Platz zum Unterrichten gegeben hätte. Der Stundenplan der Oberstufenschüler enthielt entsprechend viele Freistunden, in denen sie auf ihren Unterricht – eigentlich auf einen freien Raum – warten mussten. Die 10. und 11. Stunde war normaler Bestandteil des Stundenplans, ebenso Unterricht am Samstag bis 13:00 Uhr.

Der Schulträger hatte in den letzten drei Jahrzehnten immer wieder in das Oberstufengebäude investiert. Die Fassade wurde zweimal überarbeitet, die Heizungsanlage und Fenster wurden erneuert, die Toilettenanlagen wurden mehrfach renoviert. Insgesamt zielten die Maßnahmen immer auf den Erhalt, nicht wesentlich auf Verbesserung oder gar Erneuerung des Gebäudes ab.
Die letzte Fassadenrenovierung vor ca. 20 Jahren hatte das Raumklima im Gebäude stark negativ verändert. Um aus dem Mauerwerk endlich witterungsbedingte Feuchtigkeit fernzuhalten, wurde die gesamte Fassade mit Glasfasermatten und Latexfarbe wasserdicht versiegelt. Im Zusammenspiel mit den neuen, so schön dicht schließenden Kunststofffenstern zeigte sich aber bald das neue Problem: Die Feuchtigkeit, die durch die Nutzer des Hauses eingetragen wird, konnte nun nicht mehr hinaus. In den Räumen war fortan eine prächtige Salpeterblüte zu bewundern, die dann mit - ebenfalls gammelnden - Faserplatten vor der Öffentlichkeit verborgen wurde.

Mit Beginn des Schuljahres 2013/14 soll das Oberstufengebäude in neuer Pracht und für die Erfordernisse der nächsten Jahrzehnte gut gerüstet dastehen!

Seit Beginn der Herbstferien 2011 steht das Gebäude leer und wartet nun - Mitte 2012 - endlich auf den Beginn der Umbauarbeiten. Hinter den Kulissen hat sich in der Zeit des Leerstandes immerhin einiges getan: Baufachleute haben das Gebäude immer wieder inspiziert, Probearbeiten zur Restauration der Fassade wurden vorgenommen und die Fachplaner waren fleißig. Trotzdem: Hätten wir das Gebäude bis zum Baubeginn nicht noch nutzen können? Der Jahrgang 2012 hätte immerhin noch alle Abiturklausuren dort schreiben können…

Was darf vom Umbau erwartet werden?

Die Planer haben das Ziel, einerseits wesentliche Charaktermerkmale des Gebäudes aus der Entstehungszeit hervorzukehren, andererseits das Gebäude gründlich zu sanieren und dabei fit für die nächsten Jahrzehnte zu machen.

Ursprünglich bestand das Gebäude aus vier einzelnen Kasernen mit geringen Abständen voneinander. Ca. 45 Jahre nach Entstehung der Kasernen wurden die Einzelgebäude in den Jahren 1816 bis 1818 zu einem einzigen Haus verbunden. Der neuerliche Umbau wird die Struktur der vier Einzelkasernen wieder sichtbar machen, indem die alten Zwischenräume durch Glaselemente und Unterbrechungen in den Dachfriesen kenntlich gemacht werden. Die Fassade des Gebäudes wird von der Versiegelung befreit. Wo es möglich ist, werden werden die alten Ziegel wieder sichtbar gemacht und Bestandteil der neuen Gebäudeoptik werden. Die Fenster werden die alten Proportionen wiederbekommen und die West-Fassade unter historischen Aspekten gliedern.

In der Zeit der Nutzung durch die Olympia-AG entstand das Nebengebäude mit den „Kaninchenställen“. Dieses wird vollständig abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der neue Toilettenanlagen, zwei Treppentürme, einen Fahrstuhlturm und auf jeder Ebene Erschließungswege zu den Unterrichtsräumen im alten Gebäude bekommen wird. Die alten Treppenhäuser werden damit vollständig entbehrlich und entfernt.
Es werden zehn gleiche, großzügige Unterrichtsräume entstehen, dazu ein Raum für kleinere Kurse, ein Schüleraufenthaltsraum,  zwei Schülerarbeitsräume, das Oberstufensekretariat und das Büro des Oberstufenkoordinators.

In der Anfangsphase des Umbaus wird das Motto heißen: „Alles muss raus!“. Alle elektrischen Leitungen werden entfernt, ebenso sämtliche Frischwasser- und Abwasserleitungen, sämtliche Heizungsrohre. Alle Deckenplatten und Fußbodenbeläge werden ausgebaut. Bevor mit der eigentlichen Erneuerung begonnen wird, wird nur der Gebäudekern stehen bleiben.

Die Neuausstattung soll die Erfordernisse der Gegenwart und hoffentlich auch die der nächsten Zukunft erfüllen: Das Gebäude wird barrierefrei und es wird den neuesten Sicherheitsvorschriften genügen, energetisch auf den Stand der Zeit gebracht sowie den Anschluss an das Medienzeitalter finden. Ein Architekturbüro, der Landkreis Friesland, die Schulleitung und der Bauausschuss des Mariengymnasiums arbeiten engagiert daran, dieses Projekt zu einem Erfolg zu machen. Schließlich ist allen Beteiligten klar, dass es eine Chance zu einer so umfassenden Gebäudesanierung nicht alle Jahre gibt.

Möge es ein Ort werden, wo Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer ihre Zeit nicht nur zubringen, sondern ein Ort, an dem man sich gerne aufhält, gerne lernt und an den man sich gerne erinnert!

Norbert Neubauer   

Das Oberstufengebäude des Mariengymnasiums Jever | Telefon 04461 93130